Worum geht’s?
In der Gelsenkirchener Kinder- und Jugendklinik sind Kinder, die schon vieles – auch Therapien – hinter sich haben und Eltern am Rande des Nervenzusammenbruchs.
Laura schreit 14 Stunden am Tag. Lucy hat noch keine Nacht durchgeschlafen. Joshua wird schnell wütend und beruhigt sich nicht mehr. Mohammed Ali kratzt sich blutig und jammert den ganzen Tag. Felix trinkt nur Milch, die er gleich wieder erbricht. Zahra isst nichts außer Pommes und Chicken Nuggets. Kinder im chronischen Stress.
In der Kinder- und Jugendklinik Gelsenkirchen, Abteilung "Pädiatrische Psychosomatik" werden chronische Krankheiten wie Neurodermitis, Asthma, Allergien, Schlaf- und Essstörungen und auch Verhaltensauffälligkeiten behandelt. Mindestens drei Wochen lang bleiben Eltern und Kinder in der Klinik und durchlaufen ein umfassendes Programm: Schlaftraining, Esstraining, Verhaltenstraining, Psychotherapie und Erziehungscoaching. Die Behandlung ist ganzheitlich, es geht hier nicht nur um die Symptome der Kinder, sondern um das gesamte Beziehungsgeflecht der Familie - und um das Verhalten der Eltern.
Der Dokumentarfilm von Jörg Adolph und Ralf Bücheler begleitet Kinder und Eltern vom Aufnahmegespräch bis zur Nachsorge, ein halbes Jahr nach der Entlassung. Die Zuschauer erleben das Auf und Ab einer radikalen, ganzheitlichen Behandlung, die nicht nur den Kindern einiges abverlangt – vor allem sind die Eltern gefordert. Sie nehmen Abschied von festgefahrenen Verhaltensmustern, lernen ihre Kinder neu kennen und finden oft erst hier heraus, dass es einen Ausweg geben kann.
Der 90-minütige Beitrag ist bis zum 10. Juli 2019 hier zu sehen: https://www.daserste.de/information/reportage-dokumentation/dokus/sendung/elternschule-100.html
DGSF hält das dort gezeigte Vorgehen für problematisch
Die Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie (DGSF) bedauert die unkommentierte Ausstrahlung des Films. Das dort gezeigte therapeutische und pädagogische Vorgehen hält der Fachverband für problematisch. Damit sei der Film keinesfalls eine nachahmenswerte „Elternschulung“, betont Dr. Björn Enno Hermans, Vorsitzender des Fachverbands. Aus Sicht der DGSF ist die unkommentierte Ausstrahlung des Films im öffentlich-rechtlichen Fernsehen zumindest unglücklich. Hermans schlägt vor, einen solchen Film mit einer Diskussionsrunde zu begleiten oder in anderer Weise zu kommentieren: „Ansonsten besteht die Gefahr, dass die im Film gezeigten, aus pädagogischer und therapeutischer Sicht durchaus umstrittenen Vorgehensweisen als empfehlenswerte Erziehungspraktiken missverstanden werden.“
Die DGSF hatte bereits Im November vergangenen Jahres zur Kinopremiere des Filmes kritisch Stellung genommen. Eine Einladung der Klinik zum persönlichen Gespräch hat der DGSF-Vorstand daraufhin angenommen. Auch nach dem Besuch in der Klinik hält der Fachverband den Film für problematisch.
Schon vor seinem Kinostart im Herbst 2018 hat "Elternschule" heftige Kontroversen ausgelöst. Auf Grund des Trailers wurden die Filmemacher beschimpft, die Klinik und der Klinikleiter verbal angegriffen. Es folgten viel negative Kritik und kontroverse Diskussionen in der Presse. "Elternschule" wurde für den Deutschen Filmpreis in der Kategorie "Dokumentarfilm" nominiert.